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03.10.2007

Hurra, Hurra, der Herbst ist da!

So sehen das auf jeden Fall meine Schlittenhunde. Endlich können sie ihre Energie wieder richtig loswerden. Der Sommer war zwar auch immer wieder mal recht kühl, um aber eine richtige Auszeit nehmen zu können, wäre ein warmer Sommer für die Hunde auch nicht verkehrt gewesen. Die 9-jährige Rondy und Mama der meisten jungen Hunde, verbrachte den Sommer am liebsten mit Mäuse aufspüren. Überall, unter grossen Steinen oder unter meinem Bauwagen wurde das Spiel getrieben. Geschnüffelt, geschnüffelt, gebuddelt, dann ging der Schwanz wie ein Ventilator. Als dann der Kopf samt Vorderläufe im Loch so tief verschwunden war das ich nur noch einen halben Hund sah, standen alle anderen Vierbeiner aussenrum und guckten mit ihrem schiefen Blick ob denn die Maus nicht aus einem anderen Loch ihr Köpflein hinausstrecken würde . Das war oft sehr spassig zum zugucken . Die schönen Sommerwochenenden saßen wir des Öfteren zusammen am Lagerfeuer, haben Würstchen an einem Holzspieß über dem Feuer bruzln lassen, und genossen das Funkeln der Sterne am Himmel der Unendlichkeit . Eines der schönsten Erlebnisse diesen Sommers waren für mich, als zwei Kinder spät abends die Müdigkeit überkam und sie sich dann am Rande des heruntergebrannten Lagerfeuers auf einem Rentierfell zusammen kuschelten . Da die Glut kaum noch Wärme abstrahlte, deckte ich die Kinder mit zwei Wolldecken zu und ließ sie bis zum Aufbruch ihrer Eltern in ihrem tiefen Schlaf und glücklichen Indianer-Leben .

Kleiner Wolf

02.05.2007

Teil IV Nord-Norwegen

Nun lagen zwei Rennen hinter uns. Geplant für diese Saison waren im Ganzen drei, nämlich noch das kleine Finnmarkslopet über 500 km. Bis zum Start dieses Rennens am 10.03.07 waren es noch 4 Wochen. Von 12 Hunden waren noch 9 Hunde übrig geblieben. Die besten neun der besten zehn Hunde waren noch im Team. Joe hatte sich ja leider schon Anfang Januar an der Schulter verletzt und Ben schien mir noch nicht reif genug mit seinen zwei Jahren, er konnte sich die Kraft noch nicht so richtig einteilen, er lief einfach noch zu hart (sagt man dazu). Mit zunehmendem Alter werden diese Hunde dann meistens klüger. Rondy, die achteinhalbjährige Mama der ganzen zwei- bis dreijährigen Nachkommen, konnte die Geschwindigkeit der anderen vierbeinigen Marathonhunde nicht mehr über lange Distanz halten. Neun Hunde sollten doch wohl auch ausreichen um mit acht gesunden Hunden Anfang März zum dritten Mal in dieser Saison an den Start zu gehen. Das Training war dann vor dem Finnmarkslopet nicht mehr so hart, denn es sollte sich ja auch kein Hund mehr verletzen. Außerdem mußten noch eine ganze Menge anderer Sachen für dieses Rennen erledigt werden, Depotsäcke für alle Checkpoints packen, Schlitten reparieren, umziehen nach Alta, das ca. 500 km westlich von Kirkenes liegt, die vorgeschriebenen Reflektoren an Schlitten und Hundegeschirre anbringen und, und, und. Eben viele Kleinigkeiten, die man als Außenstehender meist gar nicht mitbekommt. Die Zeit flog dahin, zehn Tage vor dem Start wechselte ich nach Alta um den Hunden vor dem Rennen so wenig Streß wie möglich zu machen. Wir konnten dadurch auch noch ein bißchen auf dem Renntrail trainieren. Vorne weg schon mal gab es bei dem Rennen einige Überraschungen. Als ich am Morgen vor dem Start ganz normal zum Auto ging um die Hunde rauszulassen, war offensichtlich nachts jemand am Auto. Die Außenklappen waren mit Gewalt nach unten gedrückt worden, okay, das sollte nichts heißen, vielleicht hatten meine Hunde nachts gebellt oder irgendwie Lärm gemacht. Ich nahm die Hunde heraus und Igor, der Beste meiner Junghunde humpelte auf einmal. Ich fragte mich "was ist denn plötzlich los?". Dieses Erlebnis brachte mich ein bißchen durcheinander. "Bleib ruhig Gunter", sprach ich mit mir selber, vielleicht wird die Schulter von Igor wieder besser und das Bein war möglicherweise nur eingeschlafen und so packten Burgi (mein Doghandler) und ich alles zusammen für den Start. In der Startarena war eine herrliche Atmosphäre. Als ich mir die Schulter von Igor nochmal ansah war klar, dass er nicht mitlaufen konnte, er lahmte eindeutig. Ich kontaktierte sofort einen Tierarzt und fragte, ob ich meinen Ersatzhund Tore noch nachtragen dürfte. Gott sein Dank, es ging! Das Team war wieder vollzählig und meinem Wohlbefinden ging es auch wieder besser. Zu diesem Rennen schickte uns der Wettergott frühlingshafte Temperaturen. Jede Menge Sonne und Plusgrade. Der Start war wie letztes Jahr auch mitten im Stadtkern von Alta. Jetzt konnten wir es kaum noch erwarten. Eine Stunde vor dem Start ging es dann langsam vorwärts. Ich zog den Hunden Geschirre und Booties an und redete jedem meiner besten Freunde noch einmal liebevoll zu "jetzt geht's gleich los, auf diesen Tag haben wir lange gewartet und wir werden einen guten Platz fahren." und so spannte ich die besten Acht vor meinen Schlitten. Pünktlich zu meiner vorgegebenen Startzeit kamen dann vier Helfer, griffen an die Hauptleine meines Teams und führten uns an die Startlinie. Eine Ansammlung von Menschenmassen säumten die ersten paar Hundert Meter des Starts, in ca. 200 Meter Höhe flog ein Helikopter für TV-Aufnahmen und mein Adrenalinausstoß war auf Maximum. Plötzlich ertönte es durch den Lautsprecher "Nummer 67 fra Tyskland Gunter Kriegel. Fife, Four, Three, Two, One, Go!" und mit einer grüßend ausgestreckten Hand an die Zuschauer und einer Hand am Schlitten verließ ich die Startarena. Der Trail schlängelte sich danach noch durch ein paar Büsche runter auf den Altafluß. Immer wieder etwas leicht mit den Fersen bremsend ließ ich die erste Etappe langsam angehen. Außerdem war Tore mein Ersatzhund nicht der schnellste. Wie es eben so schön heißt: ein Team ist nur so schnell wie der langsamste Hund. Durch den Wärmeeinbruch war der Trail sehr weich geworden. Es ging also eh nicht so schnell vorwärts. Als ich mich von dem Startstreß gerade etwas erholt hatte und an nichts böses dachte, kündige sich schon das nächste unangenehme Erlebnis an. Ein anderer Musher versuchte mich mit vollem Tempo rechts zu überholen. Mit sehr guten Leithunden mag das vielleicht in Highspeed ja auch funktionieren, aber dieser Musher hatte anscheinend nicht so tolle Leithunde. Als dieser nämlich noch nicht ganz an meinem Team vorbei war, bogen seine Leithunde ganz spontan von rechts nach links rüber, genau hinter meinen Leithunden unter der Hauptleine durch. Die folgenden Hunde des an mir rechts vorbeifahrenden Teams wollten aber gerade aus weiter. Dass das wohl nicht gut ging leuchtet glaube ich jedem Musher ein. Auf jeden Fall wickelte sich, wie auch immer, die Centerleine des anderen Teams um den Unterleib meiner Hauptleithündin Susan. Wir mußten logischerweise beide Teams sofort stoppen. Doch war mein Konkurrent damit etwas zu langsam, denn sein Team zog nun an meinem Hund, Susan schrie wie am Spieß. Ich schmiß meinen Anker sofort in den Schnee, rannte nach vorne so schnell ich konnte, zog mit meiner rechten Hand an der Hauptleine des anderen Teams und befreite mit der linken meine Leithündin. Mir ist heute noch fraglich, wo ich in diesem Moment die Kraft her hatte, die Hauptleine des anderen Mushers, an der seine Leit- und Swinghunde wie verrückt zerrten, zurückzuziehen. Sobald ich meine Hündin frei hatte, fuhr der andere Musher einfach weiter. Es juckte ihn überhaupt nicht was mit meiner Hündin los war. Ich denke, ein einfaches "Sorry" hätte gereicht. Idiot bleibt Idiot! In diesem Moment hatte ich auch andere Sorgen als mich über so einen Menschen zu ärgern. Susan schaute etwas geschockt und sie tat mir in diesem Moment sehr leid. Mit Streicheleinheiten und Worten "ganz ruhig, jetzt schauen wir erst mal, was passiert ist" und Abtasten nach irgendwelchen inneren Verletzungen ging der Schock etwas vorbei. Nachdem sie nach ca. 10 Minuten wieder einigermaßen munter mit dem Schwanz wedelte und mit ihrer Zunge mir einmal quer über das Gesicht schleckte, entschloß ich mich, das Rennen wieder aufzunehmen. Die Luft in mir war danach natürlich etwas draußen. Nach ca. 10 km verließ der Trail den Altafluß und führte eine Zeit lang ansteigend durch Büsche und Wälder, bis wir dann schließlich übers Fjell und zwei große Seen nach Jotka gelangten. Jotka ist der erste Kontrollpunkt wo kaum ein Musher Pause macht. Die meisten snacken hier kurz und machen sich gleich weiter auf den Weg nach Skoganvarre. Ich stoppte hier aber kurz, um vor allem Susan noch mal zu begutachten. Es brauchte kein geschultes Auge um zu sehen, dass das vordere linke Karpalgelenk angeschwollen war. Was nun tun, stellte sich die Frage. Ich nahm sie kurz an eine Führleine und ließ sie neben meinem Team ein paar Meter auf und ab laufen. Sie humpelte nicht. "Noch einmal Glück gehabt" dachte ich mir. So verließ ich Jotka in die Dunkelheit hinein, mit meiner Stirnlampe immer wieder zwischendurch auf Susan leuchtend, ging es über leicht hügeliges Gelände zu dem ersten großen Checkpoint nach Skoganvarre. Bis dahin hatten die Teams 113 km zurückgelegt. Systemmäßig legte ich gleich nach unserer Ankunft Stroh für die Hunde aus und schmiß den Kocher an. In meiner Kühlbox bereitete ich inzwischen einen Mix aus Fleisch und Trockenfutter vor und übergoß es dann mit heißem Wasser. Als ich ihnen aber die vollgefüllten Näpfe hinstellte, wollte niemand fressen. "Das kann doch wohl nicht sein" dachte ich mir. Alle schnüffelten an ihrem Futter, aber es schmeckte ihnen offenbar nicht. Ich entschloß mich, es später noch einmal zu probieren und die Hunde jetzt erst mal ruhen zu lassen. Inzwischen tauchte auch schon eine Tierärztin auf und fragte nach dem Wohlbefinden meiner Hunde. Das mit dem Fressen konnte sie nicht ändern, aber meine kleine schwarze Leithündin sollte sie sich doch bitte anschauen. Das Karpalgelenk war weiter angeschwollen. Sie empfahl mir, das Gelenk mit einem Muskelfluid einzureiben und die Hündin vor dem Verlassen des Checkpoints noch einmal an einer Führleine probelaufen zu lassen. Wenn sie dann nicht humpelt, könne sie weiter im Team bleiben, ansonsten müßte ich sie aus dem Team nehmen. Inzwischen ging ich zu meinem österreichischen Doghandler Burgi, der auch schon auf mich wartete und ließ mich von ihm verpflegen. Hier an dieser Stelle möchte ich mich bei Dir, Burgi, noch einmal ganz herzlich für Deine kurzfristig mobilisierte Doghandlerarbeit bedanken. Vor allem, weil Du so etwas vorher noch nie gemacht hattest und dafür hattest Du Deine Arbeit wirklich sehr gut erledigt! Vielen Dank nochmal an Dich und einen großen Schlittenhundegruß nach Österreich. Nachdem ich von meinem Handler verpflegt war, ging ich wieder zu meinen Hunden und stellte ihnen nochmal ihre gefüllten Futterschüsseln hin. Mancheiner schleckte mit seiner Zunge ein- oder zweimal durch seine Schüssel und mehr Interesse am Fressen war einfach nicht. "Was ist mit denen bloß los" hatte ich mich gefragt. In diesem Moment fand ich keine Antwort. Ich entschloß mich, die Hunde nochmals etwas ruhen zu lassen und dann um ca. drei Uhr weiter zu fahren. Jetzt legte ich mich eine Stunde schlafen und schaute mir danach Susan nochmal an. Es war bei ihr keine extreme Verschlechterung zu erkennen und so startete ich morgens um 3.15 Uhr Richtung Levajok. Es war kaum zu glauben, sie liefen erstaunlich gut aus dem ersten Checkpoint raus. Und das, ohne richtig gefressen und getrunken zu haben. Deswegen hielt ich aber schon bald wieder an, um ihnen Fleischsnacks anzubieten. Aber sie wollten noch immer nichts. Ich wußte, wenn das so weiter geht, kann ich wegen Dehydration meiner Hunde in Levajok nach gerade 200 km schon aufhören. Stündlich versuchte ich, meinen Hunden Snacks anzubieten. Aber auf der ganzen zweiten Etappe nahm jeder gerade einen einzigen Snack. Auch in Lavajok hatte sich das ganze Freßverhalten meiner Hunde nicht sonderlich gebessert. Wenigstens tranken sie ein bißchen. Nach der Begutachtung durch zwei Tierärzte sah eigentlich alles genau so bescheiden aus wie im letzten Checkpoint. Irgendetwas stimmte mit den Hunden nicht. Dennoch waren die Vets der Meinung, ich müßte noch nicht aufgeben (Für mich war das aber schon lange kein Rennen mehr, sondern mehr die große Frage, "wann brechen meine Hunde total zusammen?"). Hätten nicht gerade die Vets zur Weiterfahrt geraten, hätte ich hier aufgehört. Die nächste Etappe war dann auch so, wie es vorauszusehen war. Zwei meiner Hunde spuckten Blut und Rune fing an zu taumeln. Ihn lud ich dann gleich in den Schlittensack. Mit vielen Pausen und Streicheleinheiten schafften wir es dann irgendwann, den dritten Checkpoint Karasjok zu erreichen. Ich ging sofort zu meinem Doghandler Burgi und teilte ihm mit, dass ich jetzt auf jeden Fall aufhöre. Ich wollte keine motivierenden Worte mehr hören, denn ich war eh schon über dem Limit der Gesundheit mancher meiner Hunde. Jeden weiteren Versuch weiterzufahren, habe ich in diesem Moment als völlig schwachsinnig betrachtet. Wenn es eben mal nicht geht, dann geht es halt nicht. Klar tat mir das auch weh, aber das war in diesem Moment doch wohl völlig nebensächlich. Ich fand mich damit komischerweise sehr schnell ab und erklärte das Rennen bei einem Checker für mich hier in Karasjok aus gesundheitlichen Gründen meiner Hunde als beendet. Da mein Doghandler Burgi ursprünglich mir von Michael Kalchers Team zur Verfügung gestellt wurde, erklärte ich mich trotzdem weiterhin bereit ihn zu begleiten. Im nächsten Checkpoint Jergul versuchte ich etwas positives aus meiner Rennaufgabe zu machen und interviewte und filmte Musher bei ihrem Tun und Veterinäre bei ihrer Arbeit. Gesamtresüme dieses Winters: Finnmarkslopet Aufgabe nach 287 km in Karasjok, Bergebylopet über 200 km Platz 4 und Jarfjordlopet über 80 km Platz 1.

Sehr Bedanken möchte ich mich zum Schluss natürlich bei meinen Sponsoren, die Fa.Petzl (Stirnlampen) bei unserer örtlichen Kreissparkasse, und ganz besonders beim SPORTPARK COLOSSEUM in Höchstadt a.d. Aisch, denn ohne sie wäre eine Weltcupteilnahme dieses Jahr nicht möglich gewesen .

Mittlerweile haben wir Ende April und auch in Skandinavien werden alle Schlittenhunde in die wohlverdiente Sommerpause gehen. Die Vorbereitungen für den nächsten Winter laufen schon wieder an. Vielleicht sind wir ja wieder beim nächsten Finnmarkslopet dabei. Über die Geschehnisse im Sommer werde ich Euch auch berichten. So denke ich, dass Ende Juni schon wieder etwas neues auf der HP des kleine Wolfes zu lesen ist.

16.04.2007

Teil III Nord-Norwegen

Nach dem ersten Rennen hatte ich dann drei Wochen Zeit das Training für das am 09.02.07 stattfindende Bergebylopet noch weiterhin anzuziehen. Trainingseinheiten zwischen drei bis vier Stunden füllten nun meinen Tag aus, manchmal auch zweimal am Tag. Das Bergebylopet ging über 200 km mit einer obligatorischen 5-Stunden-Pause nach der Hälfte der Strecke. Deswegen plante ich des öfteren täglich zwei Trainingseinheiten zum Eingewöhnen für die Hunde. Allein schon die Anreise an der Küste entlang bei strahlender Sonne nach Tana-Brü (liegt 200 km westlich von Kirkenes), dort wo das Rennen startete, war ein Genuß. Am 09.02.07 trafen wir uns um 18.00 Uhr dann wieder einmal zur Musherbesprechung, kleine Details über die Streckenführung, Wettervorhersage und zur anschließenden Startnummernausgabe. Diesmal war ich der Gejagte, ich zog nämlich die Startnummer eins. Ich denke, hier sollte ich hinzufügen, dass dieses Rennen diesmal in beiden Klassen fast nur mit Topnamen belegt war. Um nur einige Namen zu nennen, Harald Tunheim, mehrfacher Sieger des Finnmarkslopets über 1000 km, Ole Wingren, Finnischer Mitteldistanzmeister und, und, und. Auch diesmal machte ich mir nicht all zu große Hoffnungen, mit diesen Namen mithalten zu können. Denn in der offenen Klasse war ja klar, dass manch Einer das erlaubte Maximum von 14 Hunden ausnutzen würde. Mit nur 10 Hunden sieht man dann gegen so ein Team natürlich überhaupt kein Land. Aber gut, ich bin ja hier um zu lernen, sagte ich mir. Der Schlitten war bei diesem Rennen jetzt schon um einiges schwerer, denn die Pflichtausrüstung umfasste aus Sicherheitsgründen mehr Equipment. Außerdem war dieses Rennen für die meisten Teilnehmer das große Vorbereitungsrennen für das Finnmarkslopet über 500 und 1000 km. Pünktlich um 20.00 Uhr war es dann so weit. In leichtem Schneetreiben starteten wir in die Nacht hinein. Softer Trail, vor mir zwei Skidoos, die vorne weg noch einmal die Trailmarkierungen kontrollierten. Der Trail stieg am Anfang erst mal sehr lange an, bis wir uns auf einer gewissen Höhe befanden. Danach war es immer ein leichtes auf und ab. Eine Stunde war gerade vergangen und schon überholten mich zwei Teams, damit hatte ich ja auch gerechnet. Nun war ich etwas entspannter und hatte auch ein Auge für die wunderschönen Polarlichter, die fast die ganze Nacht über uns schwirrten. In Bergeby, das ist ein Ort, wo viele Zuschauer standen, überholte mich dann auch schließlich Harald Tunheim mit seinen 14 Hunden. Ist schon ein tolles Bild, wenn ein 14-Hunde-Team so an einem vorbeizieht. Ich versuchte, ein bißchen dran zu bleiben, obwohl mir in diesem Moment klar war, dass das nicht lange gut geht, aber es hatte sehr viel Spaß gemacht. Nach 6 Stunden 45 Minuten beendete ich dann die erste Runde an vierter Stelle liegend. Nachdem ich mein Stroh im Checkpoint für die Hunde auslegte, sahen sie soweit ganz okay aus. Bis auf Tore. Er hatte von Grund auf mit der hohen Geschwindigkeit in unserem Team so seine Probleme. Ich entschloss mich dann, ihn zur zweiten Runde nicht mehr mitzunehmen. Nachdem alle Hunde gut gefressen und ich sie mit Wolldecken zugedeckt hatte, konnte auch ich etwas essen und mich eine Stunde lang ausruhen. Die zweite Runde konnten wir dann im Tageslicht bei strahlender Sonne richtig genießen. Erst mal rauf in die Berge, dann wieder nach Bergeby, wo wieder einige Zuschauer standen. 50 km vor dem Ziel war plötzlich das Eis eines zugefrorenen Flusses aufgebrochen. Das Eis wurde minütlich immer tiefer unter das Wasser gedrückt. Das lag an dem vielen Schnee, der in der letzten Nacht gefallen war. Meine jungen Leithunde Susan und Rune trauten sich nicht von alleine durchs Wasser. Ich wechselte Digger nach vorne in Lead, das benötigte auch schon wieder ein paar Minuten und inzwischen war das Eis schon ca. einen halben Meter unter der Wasseroberfläche. Meine Hunde konnten also nichts mehr ertasten, so blieb mir nichts anderes übrig, als nach vorne zu meinen Leithunden zu gehen und sie durch das tiefe Wasser ans andere Ufer zu führen. Sofort streifte ich von den Hunden mit meinen Händen so viel Wasser wie möglich aus dem Fell. In diesem Moment dachte ich mir, fahr sofort weiter, damit die Hunde nicht auskühlen. Es war nicht all zu kalt, ca. -13 Grad. In meinen Schuhen quakte das Wasser und mir war klar, dass es trotzdem auch irgendwann gefrieren würde. Permanent bewegte ich meine Zehen, damit ich immer wußte, dass ich sie noch spürte. Von diesem Moment an waren es noch sehr lange drei Stunden bis ins Ziel. Da meine Füße bis dahin fast völlig vom Eis in meinen Schuhen eingefroren waren, holte ich mir leichte Erfrierungen. Wir belegten aber trotzdem einen stolzen vierten Platz in der Gesamtwertung und meinen Füßen geht es heute auch schon wieder sehr gut (was ist ein Schlittenhunderennen ohne ein bißchen Abenteuer?).

09.04.2007

Teil II Nord-Norwegen

Hallo Ihr lieben Hunde- und Naturfreunde!

Sorry, sorry, sorry, dass dieser Bericht erst so spät erscheint. Aus technischen Gründen ist es leider nicht mehr möglich gewesen in den letzten Wochen diesen Folgebericht auf unsere Homepage zu setzen, da meine Computerlady umgezogen ist. Hier möchte ich Dir, Katha, erst mal ganz herzlich danken, dass es zumindest ja mit dem ersten Bericht echt gut geklappt hat und Du ja überhaupt die ganze HP-Arbeit gemacht hast. Vielen Dank und Grüße jetzt ins Allgäu. Nun zum eigentlichen Bericht: Ich hatte ja versprochen über zwei verschiedene Rennen zu berichten. Da will ich doch mal in meinem Tagebuch nachblättern, was da so passiert ist.

20.01.07:
Jarfjordlöpet -25 Grad Celsius
Der Jarfjordlauf (wörtlich übersetzt) startet jedes Jahr an einer Schule ca. 25 km östlich von Kirkenes. Am Tag zuvor liefen für mich die Vorbereitungen auf Hochtouren. Ich kann mich noch gut daran erinnern, oh je war ich aufgeregt. Drei Schlitten hatte ich zur Auswahl. Welchen sollte ich für diese Distanz benutzen? Wie viele Snacks sollte ich mitnehmen? Welche Ausrüstungsgegenstände werden morgen zur Pflichtausrüstung gehören? Bis zum Abend vor dem Rennen hatte ich dann für die meisten Fragen eine Lösung gefunden. Am nächsten Morgen trafen wir uns dann pünktlich um zehn Uhr in der Schule zur Musherbesprechung. Stein Are Harder schilderte uns an einer Tafel in einem Klassenzimmer den Trail. "Es sind exakt 77 km. 50 Prozent des Trails sind gut präparierte Skidoowege und die andere Hälfte geht durch teilweise sehr tiefen Schnee" teilte er uns mit. Noch kurz gab es ein paar Worte zu den Abzweigungen und das war´s dann auch schon, denn die meisten kannten das Gebiet. Da mein Norwegisch zu diesem Zeitpunkt noch sehr zu Wünschen übrig ließ, erklärte mir ein norwegischer Musher (sehr freundlich und hilfsbereit) nochmal einige Besonderheiten in Englisch. Anschließend zog jeder seine Startnummer. Zum Glück traf mich die Nummer zwei! Da ich immer noch sehr aufgeregt war nahm ich jetzt mit Gewalt den Stress und die Nervosität etwas raus (für so etwas habe ich meine Tricks). Ich war ja eh kein Favorit. Klar, Zweiter konnte ich problemlos werden. Es waren ja nur zwei in den offenen Klasse angemeldet, Vemund Solli und meine Wenigkeit. Für mich stellte sich vor allem die Frage "wie weit werde ich hinter den besten Fahrern liegen?". Die Topfahrer hatten alle schon ca. 3000 Trainingskilometer drauf und ich mit meinem Team gerade die Hälfte. Ich blieb ganz locker, ging zu meinem Auto und nahm meine Hunde aus den Boxen. Eine Stunde hatte ich noch bis zum Start. Startzeit 11.02 Uhr! Zehn Hunde musste ich booten und irgendwie wurde es mir in diesem Moment nicht warm. 40 Booties anzuziehen bei -25 Grad kann auch kalt sein. Die Zeit schien mir davon zu laufen. Plötzlich blieb mir nur noch eine viertel Stunde bis zum Start! Ich spannte meine Hunde ein, hatte zwar nur die wichtigesten Hunde gebootet, Stirnlampe, Daunenjacke, Thermoskanne schnell noch in den Schlittensack gepackt und ab zur Startlinie. Fünf, vier, drei, zwei, eins und los ging´s! Immer leicht ansteigend ging es hoch ins Korbfjell (Rabenfjell). Ein kalter Fahrtwind blies mir gleich durch meine zwei Fleecejacken. Ohne anzuhalten zog ich mir meine dicke Jacke und gleich dazu meine Stirnlampe an. Es war ein sehr schöner Tag. Trocken, kalt und vor allem gute Sicht. Immer wieder drehte ich mich um und erwartete eigentlich schon längst die anderen Teams, aber es kam keiner. Im Gegenteil: Nach ca. 45 Minuten hatten meine Hunde plötzlich die Fährte von Vemund Solli in der Nase. Susan, meine beste Leaderin, liebt das besonders. Ich konnte ihn noch nicht sehen, doch kannte ich diese Reaktion meiner Hunde. Als es dann etwas flacher wurde war er auch schon in Sichtweite und wir schlossen ganz langsam auf. Ich wußte noch nicht, was ich davon halten sollte. Es entstand plötzlich eine kleine Unterhaltung zwischen uns. Vemund fragte mich, natürlich auf englisch, ob ich überholen wollte und ich erklärte ihm, dass meine Hunde dieses Tempo mit Sichheit nicht lange halten können. Wir hatten solche Strecken noch nie trainiert. So folgte ich ihm ca. 20 Minuten durch das wunderschöne Fjell. Irgendwie wollten meine Hunde aber doch an ihm vorbei. So rief ich "Vemund, okay, I try!" und Susan führte unser Team in Front. Es begann mir Spaß zu machen und das Rennfieber in mir stieg an. Meine Bremsmatte lag eh immer noch auf dem Boden, so dass meine Hunde auf keinen Fall noch schneller laufen konnten. So hatte ich eigentlich immer das Gefühl, noch ein paar Reserven zu haben. Ich ließ meine Hunde einfach laufen. Als ich mich ab und zu umdrehte, konnte Vemund anscheinend die Geschwindigkeit meines Teams nur mit größter Mühe halten. Ca. zwei Stunden lang konnte ich einen Abstand von ca. einem Kilometer herausfahren. Doch dann schloss Vemund wieder auf. Es war ein richtig spannendes Rennen. Die nächsten eineinhalb Stunden überholten wir uns immer wieder gegenseitig bis ich zehn Kilometer vorm Ziel die Führung nicht mehr abgab und wir ein bißchen stolz unseren ersten Sieg sicher heim brachten! Richtig gefreut hatte ich mich am Abend bei der Siegerehrung als ich erfuhr, dass wir von allen Teilnehmern in allen Klassen zweitbeste Gesamtzeit gefahren sind! An dieser Stelle möchte ich vor allem Vemund Solli ganz herzlich grüßen und hervorheben, dass ich bei allen anderen Rennen nicht mehr so einen sportlichen Schlittenhundeführer getroffen habe. Er ist ein sehr feiner Kerl. Vor allem nach der Siegerehrung hatten wir zusammen einen riesigen Spaß und ich freue mich jetzt schon, wenn ich nächsten Winter ihn wieder mal treffen kann.

14.01.2007

Teil I - Nord-Norwegen

An alle Schlittenhundefreunde und Verrückte die sich auf diese Homepage verirrt haben.
Ich schreibe heute den 14.01.2007. Genau vor 14 Tagen kam ich mit meinem Auto, meinen 12 Schlittenhunden in einer großen Transportbox und meinem kleinen Wohnwagen, vollgestopft mit Ausrüstung und Trainingsmaterial für 3 Monate, hier in Kirkenes an.

Kirkenes liegt ca. 400 km südöstlich vom Nordkapp in Nord-Norwegen an der russischen Grenze.
Hier oben gibt es wenigstens Schnee und die Hunde sind endlich in ihrem Element. Bei -8 Grad bis -15 Grad konnte ich schon herrliche Trainingsfahrten unternehmen. Oft bläst oben im Fyell ein kalter Wind. Ein Test kam auch schon zustande, als ich oben im Fyell (Hügel oberhalb der Baumgrenze) war und der Wind zu einem kleinen Sturm wurde. In der Dunkelheit führten das Team Susan und Rune, gefolgt von weiteren 10 Hunden und mir auf den Kufen des Schittens stehend, uns durch den Tanz des Windes und den Wirbel der vielen Schneeflocken. Manchmal hatte ich keinen Sichtkontakt mehr zu meinen Leithunden, doch mein lautes Rufen Okey, Okey, gut gemacht Rune, gut gemacht Susan, wurde von ihnen immer erhört. Als wollten sie ihr Gesellenstück abliefern. Das taten sie auch und sobald wir unterhalb der Baumgrenze aus der Gefahrenzone waren, belohnte ich die beiden und auch die anderen Hunde mit einem saftigen Stück Fleisch.

Am 20.01.2007 findet hier in Kirkenes ein 80 km Rennen und am 09.02.2007 ein 200 km Rennen statt. Wir werden an beiden teilenehmen, so werde ich Mitte Februar darüber berichten.

Bis dahin viele Grüße Gunter Kriegel




10.12.2006

Großer Geist und Schöpfer allen Lebens, ich möchte auch in weiter Zukunft das Wissen über meine Tiere und vor allem meine Tiere nie missbrauchen. Ich möchte sie weiterhin achten und von ihnen lernen, bis meine innere Kraft erloschen ist, denn ich habe mein Leben ihnen verschrieben: Rondy, Digger, Robin, Seppl, Nono, Susan, Joe, Rune, Tore, Jokkmokk, Ben, Igor, Hilde und Lars.

Wenn ich jetzt mittlerweile durch meinen Kennel spaziere, gibt es für mich nichts schöneres, als bei meinen Hunden zu sein. Sie zu trainieren, sie zu versorgen und vor allem ihre Wehwehchen zu pflegen. Natürlich gibt es auch andere Momente, in denen sie mich trainieren und erziehen, wenn ich nicht das richtige mit ihnen oder nicht genug mit ihnen gearbeitet habe. Mittlerweile kommt das letztere, Gott sei Dank, nur noch selten vor.

Im Sommer diesen Jahres hatte ich mich entschlossen, die Hunde und mich in der nächsten Saison wieder für ein größeres rennen zu trainieren, das Finnmarkslopet 500, das im März 2007 in Alta Nord Norwegen stattfindet.

Zum 30.11.2006 haben die Hunde einen Trainingsstand von 1.028 km. Ich selber versuche wöchentlich zwei bis dreimal Sport zu treiben, um mich fit zu halten.

Bis heute hatten Nono und Digger jeweils eine Schnittverletzung am Fußballen, doch mittlerweile ist alles gut verheilt und die beiden können wieder am vollen Training teilnehmen.

Im Dezember hoffen wir jetzt langsam auf Schnee, sodass gerade die Motivation der Hunde erhalten bleibt und die Streckenlänge weiter erhöht werden kann, bevor wir dann in der ersten Januarwoche nach Skandinavien abreisen.

Ich werde mich bemühen Anfang Januar über die nächsten Neuigkeiten zu berichten.